AZ: 42050
Stellungnahme der ZKBS zu mittels
RTDS (Rapid Trait Development System) hergestellten herbizidresistenten
Rapslinien der Firma Cibus.
Rough translation: Opinion of ZKBS on using RTDS (Rapid Trait Development System) produced herbicide-resistant canola lines as proposed by the company CIBUS.
Occasion
The company Cibus Europe (Chapel, Netherlands) intends to perform field trials with (Brassica napus L) herbicide-resistant oilseed rape plants developed with the RTDS TM technique. The guidelines focus is performance testing and seed production for further investigations. Cibus company, asked the Federal Office of Consumer Protection and Food Safety (BVL) for an opinion, in which found that the means RTDSTM developed canola lines are not to be classified as GMOs within the meaning of the Genetic Engineering Act and the planned field trials therefore can be performed without the permit application required for GMOs .
(Reader comments providing better English translation are welcome)
Anlass
Die Firma Cibus Europe (Kapelle,
Niederlande) beabsichtigt, Feldversuche mit
herbizidresistenten Rapspflanzen
(Brassica napus L) durchzuführen, die mittels der
sogenannten RTDSTM-Technik
entwickelt wurden. Im Vordergrund stehen dabei
Leistungsprüfungen und die
Saatgutproduktion für weitere Untersuchungen.
Firma Cibus hat das Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) um
eine Stellungnahme gebeten, in
welcher festgestellt werden soll, dass die mittels RTDSTM
entwickelten Rapslinien nicht als
GVO im Sinne des GenTG einzustufen sind und die
geplanten Feldversuche daher ohne
den für GVO erforderlichen Genehmigungsantrag
durchgeführt werden können.
RTDSTM gehört zu den Neuen
Techniken in der Pflanzenzüchtung, über deren regulatorischen
Status in der EU noch nicht
abschließend entschieden wurde. Im Juni 2012 hat die ZKBS eine
Stellungnahme verfasst um zu
klären, ob die aus den Neuen Techniken der Pflanzenzüchtung
resultierenden Organismen im
Sinne der bestehenden Rechtsvorschriften gentechnisch
verändert sind. Vor diesem
Hintergrund bittet das BVL die ZKBS um eine Bewertung der
RTDSTM-Technologie sowie eine
Stellungnahme, ob die damit hergestellten Rapslinien
gentechnisch veränderte
Organismen im Sinne des GenTG sind.
Die Firma Cibus hat auch bei den
zuständigen Behörden des Vereinigten Königreichs,
Schwedens und Finnlands
diesbezüglich Stellungnahmen eingeholt und diese vorgelegt.
Übereinstimmend stufen die o.g.
Behörden die mittels RTDSTM-Technologie entwickelten
Rapslinien nicht als GVO ein.
Beschreibung der
RTDSTM-Technologie
Die RTDSTM-Technologie erlaubt
es, zielgerichtete Mutationen im Pflanzengenom
herbeizuführen. Dabei kommt es
zum Austausch einzelner Nukleotide in den Zielgenen, ohne
dass die Fremd-DNA in das
Pflanzengenom integriert wird. Bei der Anwendung der RTDSTM-
Technologie werden zelleigene
DNA-Reparaturmechanismen ausgenutzt. Das
Schlüsselelement dieser
Technologie ist ein chemisch synthetisiertes Oligonukleotid, das
sogenannte Gene Repair
Oligonucleotide (GRON). Die Sequenz dieses Nukleotids ist, mit
Ausnahme von einem oder zwei
Nukleotiden, komplementär zur der Zielsequenz im Genom
und führt zur ortsspezifischen
Hybridisierung des GRONs mit der Ziel-DNA in der Zelle. Die im
GRON eingebauten, von der
Zielsequenz abweichenden Nukleotide führen dabei zu einer
DNA-Fehlpaarung. Wird diese
Fehlpaarung erkannt, so kommt es nach allgemeiner
Vorstellung zur Veränderung der
Ziel-DNA, indem die fehlgepaarten Basen im Zielgen
ausgetauscht werden, wobei GRON
als Template dient. Nach dem erfolgten Austausch wird
GRON abgebaut. Die Effektivität
der Mutagenese hängt von der Struktur und Beschaffenheit
von GRON ab. GRON ist ein
einzelsträngiges DNA-Molekül mit der Länge von ca. 40
Nukleotiden. Das 5 ́- und 3
́-Ende ist mit dem fluorogenen Molekül CY3 bzw. mit einem Iso-
Deoxycytosin (idC)
markiert/geschützt. Diese chemischen Modifikationen stabilisieren das
GRON-Molekül in der Zelle, in dem
dessen Abbau durch Exonukleasen verzögert wird.
Dadurch wird es ermöglicht, dass
die Hybridisierung und der Basentausch in der Zielsequenz
mit höherer Effektivität erfolgen
(1; 2). Gleichzeitig verhindern diese Modifikationen vermutlich
die Interaktion von GRON mit den
für die Rekombination notwendigen DNA-bindenden
Proteinen und Enzymen und damit
die Integration von GRON in das Pflanzengenom. Trotz
seiner relativen Stabilität in
der Zelle besitzt GRON nur eine kurze Halbwertszeit von ca. 30
min. Die hohe Spezifität des
GRONs liegt in seiner Basensequenz begründet, welche sich
nach der Zielsequenz des Zielgens
richtet. Nach Angaben des Antragstellers führt bereits eine
zusätzliche Fehlpaarung zur
Herabsetzung der Mutationseffizienz im Zielgen. Die hohe
Spezifität von RTDS wurde in
einer Studie mit Tabakpflanzen demonstriert (3).
Beschreibung der zu testenden
Rapslinien
Bei den zu testenden Rapslinien
handelt es sich um imidazolinon- und
sulfonylharnstoffresistenten
Raps. Die Herbizidresistenz basiert auf einer Mutation im
Acetolactatsynthase-Gen.
Acetolactatsynthase (ALS) ist ein Schlüsselenzym in der Synthese
der verzweigten Aminosäuren. Das
für ALS kodierende Gen (AHAS) ist sowohl im A-Genom
(AHASIIA, AHASIIIA, AHASIVA) als
auch im C-Genom (AHASIC, AHASVIC) des Rapses
lokalisiert, wobei nur AHASIIIA
und AHASIC konstitutiv exprimiert und für die katalytische
Aktivität des Enzyms essentiell
sind (4). Die katalytische Untereinheit der ALS bildet ein Dimer,
welches als Homodimer (Produkt
von AHASIC, C+C oder von AHASIIIA, A+A) oder als
Heterodimer (Produkt von AHASIC
und AHASIIIA, C+A) vorliegen kann (5). Die Inhibierung
von ALS durch Imidazolinone
und/oder Sulfonylharnstoffe führt zum Absterben der Pflanze,
da die Wirkstoffe die
Bindungsstelle im katalytischen Zentrum des Enzyms blockieren und
damit die Synthese der
verzweigten Aminosäuren verhindern. Mutationen in den katalytischen
Untereinheiten des Gens können
jedoch Toleranz gegenüber diesen Wirkstoffen bewirken. So
führt der Austausch von Serin zum
Asparagin an der Position 653 (PM1-Mutation) zur
Resistenz gegenüber Imidazolinon,
der Austausch von Trypthophan zum Leucin an der
Position 574 (PM2) führt zur
Resistenz gegenüber Imidazolinon und Sulfonylharnstoffen. In
der Vergangenheit wurden bereits
imidazolinonresistente Rapslinien entwickelt, in welchen die
Mutationen PM1 im Gen AHASIC bzw.
PM2 im Gen AHASIIIA z.B. durch chemische
Mutagenese eingeführt wurden (4).
Die Firma Cibus hat nun Raps entwickelt, in welchem die
Toleranz gegenüber Imidazolinon
und Sulfonylharnstoffen auf der PM2-Mutation sowohl im
Gen AHASIC als auch im Gen
AHASIIIA beruht. Diese Mutation wurde mittels RTDS-
Technologie in die AHAS-Gene
eingeführt. Die vollständige Sequenzierung der Gene AHASIC
und AHASIIIA und der Vergleich
der Sequenzen mit den Sequenzen des Wildtyp-Rapses
zeigten, dass die Mutation
ortspezifisch erfolgte und keine Veränderungen in der
Promotorregion oder in anderen
Genabschnitten verursachte, die die endogene
Genexpression beeinflussen
könnten.
In Feldversuchen verwendet werden
sollen Nachkommen aus Kreuzungen, in welchen ein
oder mehrere Kreuzungspartner PM1
und/oder PM2-Mutationen enthalten, die mit der
GRON-Technik erzeugt worden
waren.
Bewertung
RTDSTM stellt eine Technologie
dar, bei der keine integrativen Vektorensysteme genutzt bzw.
neue Kombinationen des
genetischen Materials in das Pflanzengenom integriert werden oder
in der Zelle verbleiben. RTDSTM
führt zu ortspezifischen Punktmutationen im Pflanzengenom,
wobei endogene Reparatur- und
Regulationsmechanismen genutzt werden. Das bei RTDSTM
eingesetzte Nukleotid GRON ist
keine rekombinante Nukleinsäure; seine Eigenschaften wie
Struktur, chemischer Aufbau und
kurze Halbwertszeit verhindern dessen Integration in das
Pflanzengenom. Das GenTG und die
RL 2001/18/EG und RL 2009/41/EG definieren
rekombinante Nukleinsäure als
neukombiniertes genetisches Material. In ihrer Stellungnahme
vom Juni 2012 vertritt ZKBS die
Meinung, dass ein Segment mindestens 20 Nukleotidpaare
(NP) umfassen muss, um zu einer
rekombinanten Nukleinsäure zu führen. Eine absichtliche
Änderung von weniger als 20 NP
kann von dem zufälligen Vorkommen dieser Sequenz nicht
hinreichend sicher unterschieden
werden. Bestimmte Sequenzen von weniger als 20 NP
können zwar nachgewiesen werden,
eignen sich jedoch nicht zur Bestimmung ihrer Herkunft.
Sie sind nicht von den durch
konventionelle Mutagenese oder durch zufällige natürliche
Mutation entstandenen genetischen
Veränderungen zu unterscheiden. Bei der RTDSTM-
Technik werden Mutationen in das
Pflanzengenom eingeführt, die über 1 oder 2 NP nicht
hinausgehen und damit von der
spontanen Mutation nicht zu unterscheiden sind. Die durch
Mutagenese-Verfahren induzierten
Mutationen gelten gemäß § 3 Nr. 3b. Satz 2 Buchst. a
GenTG (Mutagenese) nicht als
gentechnische Veränderungen.
Die RTDSTM-Mutagenese ist als
eine Oligonukleotid-gesteuerte Mutagenese (OgM)
einzuordnen. In ihrer
Stellungnahme vom Juni 2012 bewertete ZKBS die durch die OgM
entstandenen Organismen mit
folgenden Begründungen als Organismen, die nicht
gentechnisch verändert sind:
- Die Oligonukleotide, die in die
Zellen eingebracht werden, sind keine neuen
Kombinationen genetischen
Materials, denn ihre Sequenz richtet sich nach der
Zielsequenz
(Watson-Crick-Basenpaarung oder Hoogsteen-Basenpaarung), ggf. mit
einer Abweichung von einem oder
wenigen Nukleotiden.
Bei den eingebrachten
Oligonukleotiden handelt es sich nicht um rekombinante
Nukleinsäuren gemäß § 3 Nr. 3a.
Buchst. a GenTG. Die gleiche Bewertung ergibt sich
gemäß Anhang I A Teil 1 Nr. 1 RL
2001/18/EG bzw. Anhang I Teil A Nr. 1 RL
2009/41/EG.
- Die Oligonukleotide,
einschließlich der chemisch veränderten Nukleinsäuren und
Derivate, sind gemäß § 3 Nr. 3a.
Buchst. b GenTG kein genetisches Material oder
Erbgut. Die gleiche Bewertung
ergibt sich gemäß Anhang I A Teil 1 Nr. 2 RL
2001/18/EG bzw. Anhang I Teil A
Nr. 2 RL 2009/41/EG.
- Die Oligonukleotide wirken wie
Mutagene und rufen Mutationen von einem oder
wenigen Nukleotidpaaren hervor,
wie sie gleichermaßen auch spontan oder nach
Anwendung von Mutagenen auftreten
können und sind damit nicht von spontanen
Mutationen oder von Mutationen,
die durch Mutagenese hervorgerufen werden,
unterscheidbar. Durch Mutagene
erzeugte genetische Varianten sind gemäß § 3 Nr.
3b. Satz 2 Buchst. a GenTG
(Mutagenese) keine GVO. Die gleiche Bewertung ergibt
sich gemäß Anhang I B Nr. 1 RL
2001/18/EG bzw. Anhang II Teil A Nr. 1 RL
2009/41/EG.
Unter Berücksichtigung der
aktuellen Rechtsgrundlage und der vorgelegten Daten kommt die
ZKBS daher zum Schluss, dass die
durch die RTDSTM-Technologie entwickelten Rapslinien
nicht als GVO zu bewerten sind.
Berlin, den 3. Februar 2015
Prof. Dr. Pfister
Vorsitzender der ZKBS
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